Themen im Werk

Identität

"Ja, wir müssen beginnen mit unserem Ich, ehe wir andere formen wollen", heisst es in einem Text, den der 23-Jährige Max Frisch für die "Zürcher Illustrierte" verfasste. Die Beschäftigung mit dem eigenen Ich steht im Zentrum von Frischs Werk. Der Einwand der Weltflucht bleibt ihm dabei nicht verborgen. So gibt er im "Gantenbein" zu: "Manchmal scheint auch mir, dass jedes Buch, so es sich nicht befasst mit der Verhinderung des Krieges, mit der Schaffung einer besseren Gesellschaft und so weiter, sinnlos ist, müssig, unverantwortlich, langweilig, nicht wert, dass man es liest, unstatthaft. Es ist nicht die Zeit für Ich-Geschichten." Dann aber fügt er hinzu: "Und doch vollzieht sich das menschliche Leben oder verfehlt sich am einzelnen Ich, nirgends sonst."

Zeitschrift
"Was bin ich?", fragte Frisch in seinem frühen Text für die Zeitschrift "Zürcher Student" (1932)

Liebe und Freundschaft

Max Frisch ist bekannt für seine Fragebögen aus dem "Tagebuch 1966–1971". Von fünf Fragebögen widmen sich zwei den persönlichen Beziehungen: einer der Ehe, der andere der Freundschaft. Der Wunsch nach einer Bindung, welche nicht auf Kosten der Lebendigkeit geht, begleitet Frisch von Jugend auf. "Du sollst dir kein Bildnis machen", schreibt er und nimmt dieses biblische Gebot als Vorbild für eine gelungene Beziehung: "Unsere Meinung, dass wir das andere kennen, ist das Ende der Liebe". Dem hält der Autor die Bereitschaft entgegen, "auf weitere Verwandlungen einzugehen" und so das Geheimnis zu wahren, "das der Mensch ja immerhin ist, ein erregendes Rätsel, das auszuhalten wir müde geworden sind".

Reisen

Schon der 24-Jährige hält im Nachgang an seine erste Reise nach Deutschland fest: "[D]a ich mich also ausserstande sah, meinen vollen Lebensunterhalt zu verdienen und zugleich ein vollwertiges Studium zu betreiben, schlug ich einen andern Weg ein: ich ging auf Reisen, wie es jeder Schweizer tun muss, wenn er nicht ein Spiesser werden soll", schreibt Frisch 1936 in einem Brief. Das Bedürfnis nach Aufbruch bewahrte sich Max Frisch weit übers Studium hinaus. Ins Überpersönliche gewendet, wird im ersten Tagebuch daraus das Bekenntnis: "Wie klein unser Land ist. / Unsere Sehnsucht nach Welt, unser Verlangen nach den grossen und flachen Horizonten, […] unser Verlangen nach Wasser, das uns verbindet mit allen Küsten dieser Erde; unser Heimweh nach der Fremde -"

Max Frisch in Griechenland, 1957. © Max Frisch-Archiv, Zürich.
Max Frisch in Griechenland, 1957. © Max Frisch-Archiv, Zürich.

Architektur und Städtebau

"Wieso grad Architekt?", fragt Frisch in seinem späten Buch "Montauk" und gibt die Antwort gleich selbst: "Der Vater ist Architekt gewesen (ohne Diplom); das durchsichtige Pauspapier, die Reissschiene, die wippen kann, das Meterband als verbotenes Spielzeug. Ich zeichne exakter, als ich vordem geschrieben habe." Selbst geplant und umgesetzt hat Frisch nur wenige Bauten, darunter sein berühmtes Freibad Letzigraben in Zürich. Doch auch in seinen Schriften spielt das Nachdenken über Architektur und Städtebau eine grosse Rolle. Sein Protagonist Anatol Stiller beklagt sich über die Mutlosigkeit der Schweiz und das "Heimweh nach dem Vorgestern". Ganz zukunftsgerichtet war hingegen der Vorschlag, den Frisch gemeinsam mit Lucius Burckhardt und Markus Kutter vorlegte: Ihr Entwurf für eine ganz neue Stadt wurde breit diskutiert und externe Seite wirkt bis heute nach.

Architekturmodell: "Die Neue Stadt", 1956. © Max Frisch-Archiv, Zürich.
Architekturmodell: "Die Neue Stadt", 1956. © Max Frisch-Archiv, Zürich.

Technik  

Unter Frischs Figuren finden sich viele Techniker: Don Juan, wie ihn Max Frisch entwirft, liebt zwar die Frauen, mehr aber noch die Geometrie. Walter Faber erklärt rundheraus: "Ich glaube nicht an Fügung und Schicksal, als Techniker bin ich gewohnt mit den Formeln der Wahrscheinlichkeit zu rechnen." Sogar einer Künstlerfigur wie dem Bildhauer Stiller ist die Nähe zum Handwerk eingeschrieben. Bald versöhnlicher, bald mahnender, bleibt das Verhältnis des Menschen zur Technik ein Gegenstand, an dem sich Frisch zeit seines Lebens abarbeitet.

Politik

Mehr und mehr entwickelte sich Frisch zu einem politischen Bürger. Obwohl er Kontakt mit Staatsmännern wie Henry Kissinger, Willy Brandt und Helmut Schmidt pflegte, verfolgte er das Zeitgeschehen aus kritischer Distanz. Im "Tagebuch 1946-1949" äussert er die Überzeugung, dass, wer sich nicht mit Politik befasse, die politische Parteinahme bereits vollzogen habe: "er dient der herrschenden Partei". Trotz seines persönlichen Engagements, etwa zugunsten der "Gruppe für eine Schweiz ohne Armee" (GSoA) oder italienischer Gastarbeiter wollte er sein Schreiben nicht in den Dienst der Politik stellen: "Die Funktion der Literatur in der Gesellschaft", so Frisch in seinen New Yorker Poetikvorlesungen, "ist die permanente Irritation, dass es sie gibt. Nichts weiter."

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